Rückblick auf den Vortrag „Wien Heute und Morgen“ von Dr. Michael Ludwig, Bürgermeister von Wien, am Dienstag, 13. Februar 2024, im Rathaus der Stadt Wien. Mit Fotos von Wolfgang Buchta und Wolfgang Geißler

Von Wolfgang Geißler

„Perle im Donautal, reizendes Wien, in jedem Gasserl liegt ein kleines Märchen drin!“ So wurde meine Vaterstadt bereits vom unvergesslichen Hans Moser gepriesen.

In der malerischen Kulisse entlang der Donau erstrahlt Wien heute mehr als je zuvor in ihrer ganzen Pracht. Als Bürgermeister dieser internationalen Metropole ist Dr. Ludwig sichtbar stolz darauf, eine Stadt zu leiten, die regelmäßig als die lebenswerteste der Welt ausgezeichnet wird. Ihre unerschütterliche Ausstrahlung scheint fast immun gegen die Probleme und Krisen zu sein, die andere Städte bedrohen.

Die Besonderheiten dieser Stadt sind vielfältig und beeindruckend. Von der hohen Lebensqualität über die ausgezeichnete Gesundheitsversorgung und Infrastruktur bis hin zum reichen kulturellen Erbe und dem einzigartigen touristischen Angebot gibt es viel zu bewundern. Doch was macht Wien morgen aus Sicht von Dr. Ludwig, dem Bürgermeister der Zukunft, besonders?

Wien wird seit vielen Jahren regelmäßig als eine der lebenswertesten Städte der Welt eingestuft. Mercer führt seit 2009 jährlich eine Studie zur Lebensqualität durch, in der Wien wiederholt den ersten Platz belegt hat. In den letzten Jahren hat Wien besonders gut abgeschnitten und war mehrfach an der Spitze dieser Rangliste zu finden.

Zusätzlich zu Mercer erstellen auch andere angesehene Organisationen ähnliche Ranglisten. The Economist Intelligence Unit und Monocle sind zwei Beispiele für solche Organisationen. Diese Berichte berücksichtigen ebenfalls eine Vielzahl von Faktoren, um die Lebensqualität von Städten zu bewerten. Wien hat in diesen Berichten ebenfalls regelmäßig gute Platzierungen erreicht, was seine Attraktivität und hohe Lebensqualität weiter unterstreicht.

Inmitten dieser Fortschritte und Erfolge gibt es eine weitere bemerkenswerte Entwicklung, die Wien in eine neue Ära führt: Zum ersten Mal seit der Monarchie hat die Stadt die Marke von zwei Millionen Einwohnern überschritten! Diese historische Bevölkerungszahl unterstreicht nicht nur das anhaltende Wachstum und die Attraktivität Wiens, sondern stellt auch eine bedeutende Herausforderung und Chance für die Stadtverwaltung dar, die Bedürfnisse einer stetig wachsenden Bevölkerung zu erfüllen und gleichzeitig die hohe Lebensqualität zu erhalten. Dr. Ludwig und sein Team sind sich dieser Verantwortung bewusst und arbeiten daran, Wien als lebenswerte und florierende Metropole für alle Bewohnerinnen und Bewohner zu gestalten, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem sozialen Status.

Einleitung durch unseren Präsidenten Prof. Dr. Kurt Tiroch

Nach einer kurzweiligen und wie üblich humorvollen Einleitung begrüßte unser Präsident, Professor Dr. Kurt Tiroch, die illustre Runde im Stadtsenatssaal des Wiener Rathauses, in der sich weit über 100 Personen versammelt hatten. Mit den Worten: „Bürgermeister, Landeshauptmann, Gastgeber – was ist er noch? Dr. Michael Ludwig!“, unterstrich er die Bedeutung des Anlasses, denn immerhin war 17 Uhr eine ungewöhnliche Zeit für solch ein Treffen. Heute stand Wien im Mittelpunkt der Diskussion. Er betonte, dass der Herr Bürgermeister freundlicherweise seine Einleitung, (Dr. Tiroch bezeichnet sich selbst als echten Wiener seit 70 Jahren – unlängst gab es ja einen Geburtstag!), in der Einladung zur gestrigen Veranstaltung akzeptiert hatte (zum Nachlesen in der Fotoserie). Von internationalen Rankings, die Wien als stetige Nummer Eins weltweit (schön langsam wird das peinlich) einordnen, bis hin zu Zukunftsprognosen für die nächsten 10 Jahre, wird die Rede sein – Aspern etwa ist ein vielversprechender Blick in die Zukunft. Und natürlich durfte die Vielvölkerwanderung, schon in der Vergangenheit ein Kennzeichen Wiens, nicht unerwähnt bleiben.

Wien: Eine Stadt im Wandel

Der Stadtsenatssaal, ein Ort der Entscheidungen und Diskussionen, der die Geschicke einer Stadt lenkt, ist in Wien, der Hauptstadt Österreichs, mehr als nur ein Ort der politischen Debatte.

Michael Ludwig, der gegenwärtige Bürgermeister Wiens, steht an der Spitze dieses einzigartigen Ensembles.

Schon beim Betreten des Saales wird man von den Porträts vergangener Bürgermeister begrüßt. Michael Häupl, Dr. Ludwigs Vorgänger, ist (noch) nicht unter den Porträts zu finden. „Michael Häupl hängt noch nicht hier, denn es hängen nur verstorbene Bürgermeister an der Wand.“

Ein besonders eindrucksvolles Kapitel dieser Geschichte ist die Zeit des ehemaligen Bürgermeisters Helmut Zilk. Maria Lassnig, eine der bedeutendsten Künstlerinnen Österreichs, verewigte ihn in einem Gemälde, das seine zugängliche Art und sein Engagement für die Menschen einfängt. Doch das Bild zeigt auch seine Verletzlichkeit – eine Terrorbombe raubte ihm einst seine rechte Hand, ein Zeugnis der turbulenten Zeiten, die Wien durchlebte.

Die Schatten der Vergangenheit sind allgegenwärtig, besonders in Erinnerung an Heinz Nittel, einem österreichischen Politiker. Er war Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft und Mitbegründer des Jewish Welcome Service Vienna und fiel einem terroristischen Mordanschlag der palästinensischen Abu-Nidal-Organisation zum Opfer oder an die Terrornacht im Jahr 2020. Doch Wien wäre nicht die Stadt, die sie heute ist, ohne das entschlossene Zusammenwirken ihrer Institutionen. Diese Einigkeit zeigte sich auch während der Covid-Pandemie, als das Stromversorgungspersonal freiwillig zwei Wochen in Quarantäne ging, um die Sicherheit der Stromversorgung zu gewährleisten.

Doch Wien ist mehr als nur eine Stadt, die Krisen überwindet. Sie ist eine Metropole im Wandel, eine Stadt, die sich ständig neu erfindet. Richard Cockett vom Economist lobte Wien als Ausgangspunkt für globale Verbindungen, eine Stadt, die nicht nur nach innen, sondern auch nach außen strahlt.

Ein bedeutendes Ereignis in der jüngsten Geschichte Wiens war die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Frau Prof. Dr. Erika Freeman, eine renommierte Psychoanalytikerin durch den Bürgermeister. Ihr Weg zurück nach Wien symbolisiert nicht nur ihre persönliche Verbundenheit mit der Stadt, sondern auch die Offenheit und Toleranz, die Wien heute auszeichnen.

Die Zukunft von Wien: Eine Vision der sozialen und funktionalen Durchmischung

Wien, eine Stadt mit einer reichen Geschichte und einer ebenso faszinierenden Zukunftsvision. Inmitten des urbanen Wandels und der technologischen Innovationen strebt Wien danach, eine Stadt der sozialen und funktionalen Durchmischung zu werden, in der Wohnen und Arbeiten harmonisch miteinander verbunden sind.

Eine der herausragenden Merkmale dieser Vision ist die funktionale Durchmischung, die es den Bewohnern ermöglicht, Wohn- und Arbeitsorte eng miteinander zu verknüpfen. In einer Stadt der kurzen Wege wird der tägliche Arbeitsweg verkürzt, was nicht nur den Stress reduziert, sondern auch zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen führt. Aber Wien ist auch die einzige Millionenstadt die landwirtschaftliche Produkte hat, notabene, den Wiener Wein vom Wiener Weingut Cobenzl  und der berühmte Gemischter Satz (den wir anschließend auch verkosten durften!!!) Beim Brotgetreide ist die Produktion sogar größer als Vorarlberg, Tirol und Salzburg gemeinsam!

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die soziale Vermischung, die dazu beiträgt, Ghettos der Reichen und der Armen zu vermeiden. Im Gegensatz zu anderen Großstädten gibt es in Wien keine Viertel, die völlig abgelebt sind. Dies wird deutlich anhand des Brunnenmarktes und des Yppenmarktes, die als längster Straßenmarkt Europas gelten und ein lebendiges Zeugnis für die Vielfalt und Dynamik der Stadt sind.

Ein Schlüssel zur Förderung dieser sozialen und funktionalen Durchmischung ist die Bildung. Wien hat in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in das Bildungssystem getätigt, darunter kostenfreie Kindergärten und Ganztagsschulen. Dies trägt nicht nur zur Integration von Kindern unterschiedlicher sozialer Hintergründe bei, sondern erhöht auch den Anteil der Frauen in der Arbeitswelt, was Wien zu einem Vorreiter in diesem Bereich macht.

Als Kind wuchs Dr. Ludwig im 7. Bezirk, in der Kaiserstraße auf, einem Viertel mit Kleinindustrie, wo seine Mutter als Arbeiterin tätig war. Schon damals war er begeistert vom Juniorchef des Betriebs, der nun als Präsident der Industriellenvereinigung Wien fungiert. Dieser bemerkenswerte Umstand spiegelt sich auch in diesem Beispiel wider: Der Sohn eines bescheidenen Familienbetriebs ist heute der Präsident der Industriellenvereinigung Wien, während der Sohn einer dort angestellten Arbeiterin das Amt des Bürgermeisters bekleidet. Diese außergewöhnlichen Karrierewege verdeutlichen, dass solche Erfolgsgeschichten nicht in jeder Stadt anzutreffen sind.

Als Hauptstadt eines neutralen Landes spielt Wien auch auf internationaler Ebene eine bedeutende Rolle. Als einziger voller Sitz der UNO in der EU hat Wien viel einzubringen, insbesondere in Bezug auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel und die Energieversorgung. Angesichts der zunehmenden Bedrohungen durch den Klimawandel hat Wien ehrgeizige Ziele gesetzt, um bis 2040 klimaneutral zu werden, und setzt dabei auf erneuerbare Energien und innovative Technologien wie Photovoltaik und Großwärmepumpen.

Ein weiterer Schritt in Richtung einer nachhaltigen Zukunft ist die Förderung der Präzisionsmedizin und der Präventionsmedizin.

Durch die Schaffung des Eric Kandel Instituts für Präzisionsmedizin am MedUni Campus AKH werden moderne Diagnose- und Therapiemöglichkeiten entwickelt, die an individuelle Faktoren angepasst sind. Dies trägt nicht nur zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung bei, sondern unterstreicht auch Wiens Rolle als führender Standort für medizinische Forschung und Innovation.

„Mein Ziel wäre es, dass man g’sund stirbt!“ So, der Bürgermeister.

Vizepräsident Botschafter Dr. Alexander Christiani

Diesem Vortrag folgte eine gute halbe Stunde detaillierter Fragen unserer Mitglieder und ebenso detaillierter Antworten des Bürgermeisters. Unter den interessierten Fragenden war auch unser Firmenmitglied Frau Mag. Eva Vaskovich-Fidelsberger, die sich als einzige Vertreterin der Frauen bezeichnete, aber noch viel wesentlicher bekundete, dass Dr. Ludwig einst ihr Schüler war!

Als allerletzter jedoch stand unser Vizepräsident Botschafter Dr. Alexander Christiani auf und sagte:

„Herr Bürgermeister, es ist keine Frage, es ist ein Dank, den ich aussprechen möchte. Nicht nur sind Sie der Chef einer der lebenswertesten Städte der Welt, und wir haben das jetzt wirklich gehört, ich möchte den Dank aussprechen. Ich glaube im Namen von sehr vielen, dass Sie als verantwortlicher Politiker immer wieder Ihre Stimme erheben, um den politischen Diskurs, die Polarisierung hintanzuhalten und Ihre Stimme zu erheben, dass man auch mit Respekt auch unter politischen Gegnern umgehen soll. Ich glaube, dass es gerade, wenn Sie so ein verantwortungsvoller, mächtiger Politiker sind, sehr wichtig ist, und ich bitte Sie, das weiterzutun.“

Darauf antwortete Bürgermeister Dr. Ludwig: „Das sehe ich als Aufforderung, auch das weiterzumachen, und das kann ich auch versprechen.“

Tosender und langanhaltender Applaus begleitete uns hinaus zu einem reichhaltigen, wie auch eleganten Büffet bereitet vom Wiener Rathauskeller sowie den wirklich köstlichen Weinen des Wiener Weingutes Cobenzl und dem schon erwähnten Wiener Gemischten Satz. Und das alles vom Bürgermeister für seine Wiener gespendet. Wiener Herz, was brauchst Du mehr?

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