Rückblick auf den Event „Die Bedrohung des transnationalen Terrorismus. Rezente Trends und Entwicklungen“ mit Mag. Dr. Nicolas Stockhammer am Mittwoch, 23. Februar 2022 im Musiksalon der Diplomatischen Akademie.

Von Wolfgang Geißler

Am 12. Oktober 1984 führte die Provisional Irish Republican Army (IRA) durch ihr Mitglied Patrick Magee einen Bombenanschlag auf das Grand Hotel in Brighton aus. Ziel des Anschlags war es, die Premierministerin Margaret Thatcher und das britische Kabinett zu töten, die sich während des Parteitages der Konservativen Partei in diesem Hotel aufhielten.

„Thatcher wird jetzt erkennen“, so erklärte die IRA, „dass Großbritannien unser Land nicht besetzen und unsere Gefangenen foltern und unsere Leute in ihren eigenen Straßen erschießen und damit davonkommen kann. Heute hatten wir Pech, aber denken Sie daran, dass wir nur einmal Glück haben müssen. Sie aber werden immer Glück haben müssen.“

Unter Terrorismus versteht man die Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung bestimmter (z. B. politischer oder wirtschaftlicher) Ziele. Der Terror wird dabei als Druckmittel eingesetzt, um in Staaten oder Organisationen Instabilität zu erzeugen. Das kann durch Attentate geschehen, durch Selbstmordanschläge oder auch durch Entführungen.

Von Staatsterrorismus spricht man, wenn ein Staat gezielt Terrormethoden einsetzt, um außen- oder innenpolitische Ziele durchzusetzen.

Nach Clausewitz ändert sich die „Natur“ des Terrorismus nicht, aber sein „Charakter“ unterliegt einer ständigen Veränderung.

„Transnationaler Terrorismus. Systemische Trends und mögliche Bedrohungsszenarien“ war das Thema des gestrigen Vortragsabends.

Dr. Nicolas Stockhammer, Terrorismusforscher an der Donau-Universität Krems, berichtete über die nach wie vor aktuelle Gefahr von Terroranschlägen in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt. Das „Kalifat“ des Islamischen Staates konnte zwar großteils zerschlagen werden, trotzdem sind die Strukturen dieses und anderer islamistischer Terrornetzwerke aufgrund der Franchise-Dynamik noch immer intakt. In Europa sind es, wie einige der jihadistisch motivierten Anschläge der letzten Jahre gezeigt haben, vermehrt Kleinkriminelle, die zuvor keinen festen Bezug zur Religion hatten, die sich radikalisieren und extremistischen Gruppierungen anschließen.

Forscher wie Olivier Roy meinen daher, dass der Trend nicht so sehr in Richtung einer zunehmenden Radikalisierung des Islams geht, sondern einer Islamisierung des Radikalismus. Dass der Terroranschlag von 2020 in Wien nicht wesentlich mehr Opfer forderte, lag nicht zuletzt an einer vergleichsweise dilettantischen Durchführung. Aufseiten der Behörden gibt es bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus durchaus Verbesserungspotenzial. So war ein Kritikpunkt Stockhammers etwa die zumindest in der Vergangenheit unzureichende Sicherheitsüberprüfungen von Dolmetschern.

Momentan steht zwar der islamistische Terrorismus im Fokus, der Vortragende warnte aber vor neuen Trends im breiten Spektrum politisch motivierter Gewalt. So ist tendenziell mit einer Radikalisierung von Teilen der Umweltaktivisten-Bewegung zu rechnen. In den nächsten Jahren könnte, wie einige internationale Terrorismusforscher derzeit diskutieren, eine neue Spielart des Terrorismus aus dieser Richtung entstehen („Grüne-Armee-Fraktion“).

Ein äußerst spannender Abend, gekonnt und in seiner so ruhigen Art moderiert von unserem Vizepräsidenten Botschafter Dr. Alexander Christiani, endete nach vielen interessierten Fragen. Wie von Dr. Christiani angekündigt, freuen wir uns schon auf den nächsten Vortrag am 17. März 2022.

 
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